Hallo Christian
On 04.05.24 10:14, Kt47uo5uVzW wrote:
Mir
fallen immer mal wieder Changesets auf, welche von einem
Adresstagging-Schema zum anderen migrieren. Als Beispiel
folgende zwei völlig zufällig gewählte Changesets und möchte da
absolut keinen Benutzerbezug herstellen, da es solche von vielen
anderen Benutzern auch gibt:
Mir
wird da immer etwas mulmig im Magen, da so sehr viele
Arbeitsstunden von Mappern zunichte gemacht werden und wir uns
so komplett im Kreis bewegen.
Könnten
wir uns da als Schweizer Community evt. auf eine "Endlösung"
festlegen, wonach jeder Mapper sich hinbewegen kann? Oder gibt
es dies schon und es ist mir noch nicht bekannt?
Vorsicht mit dem Ausdruck "Endlösung" in der deutschen
Sprache. Dieser ist leider historisch äusserst ungut
konnotiert, da er von den Nationalsozialisten als Euphemismus
für ihren Völkermord an den Juden und z.T. an anderen
Minderheiten missbraucht wurde. Ob es möglich (und zu versuchen
angebracht) ist, diesen Ausdruck für die unbedarfte
Allgemeinsprache und für seine ursprüngliche / wörtliche
Bedeutung zurückzuerobern, ist so fragwürdig, dass es m.E.
derzeit wohl mit "Nein" beantwortet werden muss.
Die mehreren Möglichkeiten, Adressen anzugeben, bestehen nicht
(nur) aus Willkür, sondern aufgrund eines Bedarfs, der sich ergibt
aus
- z.T. unklarer oder unterschiedlicher Definition ausserhalb von
OSM (also in der realen Welt und bei Behörden), auf was sich
eine Adresse nun bezieht
- z.T. unvollständiger Information
- dem Anspruch von OSM, Daten so genau wie derzeit möglich /
bekannt (und so präzise, wie dafür notwendig) und so vollständig
wie derzeit möglich / bekannt zu erfassen, aber trotzdem nicht
allzu redundant
Beispiele:
- Mancherorts konnten ganze Gebäudezeilen von Luftbildern
abgezeichnet werden. Oft sind dabei mehrere aneinandergebaute
Gebäude in OSM als eine einzelne Gebäude"fläche" erfasst. Wo die
tatsächlichen Gebäude innerhalb davon aneinandergrenzen lässt
sich ohne Vermessungsdaten oder das Betreten der Räumlichkeiten
nicht herausfinden, da Dächer an solchen Orten z.T. über mehrere
Gebäude gehen oder anders als die Gebäude selbst abgegrenzt
sind. Von der Strasse aus lässt sich aber die ungefähre Position
der Eingänge und deren Hausnummern erkennen. Hier ist eine
Erfassung der Adresse auf den Eingängen angebracht.
- Manche Gebäude haben zu einer Hausnummer mehrere Eingänge, und
es nicht klar, welches der Haupteingang ist, oder gar klar, dass
mehrere Eingänge gleichberechtigt als "Haupteingang" dienen.
Hier ist eine Erfassung der Adresse auf dem Gebäude-Umriss oder
(falls zusätzlich eine Situation wie oben vorliegt) auf Punkten
im Gebäude angebracht.
- Manchmal hat ein Gebäude mehrere Adressen (mehrere
Unterschiedliche, nicht eine einzelne mit einer
Hausnummern-Kombination) und es ist unbekannt (oder offiziell
undefiniert) wo die Eingänge sind, oder welche Eingänge zu
welcher Adresse gehören. Wenn aber Einrichtungen im Gebäude
(z.B. Läden, Restaurants, selten evtl. auch Wohnungen) je eine
einzelne dieser Adressen haben, kann wiederum sinnvoll sein, auf
deren Punkten oder Teilflächen innerhalb des Gebäudes diese
Adressen zu erfassen.
- Manche Gebäude sind (noch) gar nicht als Fläche erfasst,
sondern nur als Gebäude-Punkt (bzw. oft Punkt einer Einrichtung
(amenity=*) des Gebäudes) oder nur als Eingangs-Punkt. (In der
Schweiz vermutlich selten.)
- In manchen verfügbaren und lizenzmässig für OSM verwendbaren
Adress-Datensätzen sind diese als Punkte beim jeweiligen Eingang
georeferenziert, bei anderen als Gebäudeflächen, bei wieder
anderen (m.W. inzwischen selten) nur als Punkt, der das ganze
Gebäude (oder den Gebäudeteil mit dieser Adresse) repräsentiert.
Wie vieles in der Schweiz ist das von Kanton zu Kanton
unterschiedlich. Werden solche Daten importiert oder anderweitig
übernommen, steht oft (abhängig davon, welche Daten in OSM
selbst oder auch anderswo bereits zur Verfügung stehen) auch nur
eine der Mapping-Varianten zur Verfügung, aber natürlich je nach
Datensatz eine andere.
Natürlich kann sich (auch bei gleichbleibender Situation vor Ort)
über die Zeit ändern, welche Informationen zur Verfügung stehen
(z.B. durch Veröffentlichung oder kompatible Lizenzierung von
Behördendaten), so dass manchmal eine Änderung des örtlichen
Adress-Mapping-Ansatzes und ein damit verbundenes Um-Mapping für
dann mögliche bessere Genauigkeit oder Vollständigkeit angebracht
ist.
Eine simples, durchgehend einheitliches one-size-fits-all-Schema
ist daher nicht möglich oder zumindest nicht angebracht. Es lassen
sich aber durchaus Faustregeln ableiten, nach denen man m.E.
vorgehen sollte:
- Wähle im konkreten Einzelfall eine der verbreiteten Varianten
(auf Gebäude-(Teil)-Umriss, auf Eingangs-Punkt, auf Punkt im
Gebäude) und erfinde keine zusätzlichen. (Es sei denn, es gibt
einen guten Grund, warum die bisherigen nicht hinreichend
geeignet sind.)
- Wähle diejenige / eine dieser Varianten, die für die (dir,
dann & dort) verfügbaren Informationen und Daten (in OSM,
vor Ort und in erlaubten Datensätzen) die genauste und
vollständigste Erfassung erlaubt, die du bereit bist zu machen.
- Ändere bei schon erfassten Adressen die Variante nur, wenn es
einen guten Grund ausser deiner persönlichen Vorliebe gibt,
z.B., wenn du die Erfassung dort genauer oder vollständiger
machst und das mit der bestehenden Variante nicht geht.
- Erwähne den Grund im Changeset-Kommentar, damit er auch für
andere nachvollziehbar ist.
Herzliche Grüsse und frohes Mappen,
Raphael